Ein Hoch auf Susanne Linke
von Wolfgang Teicke, heute Pastor in Eisdorf, Gemeinde Bad Grund / Harz
Ich mochte meine Volksschullehrerin. „Wolfgang hat einen
guten Anfang gemacht“ – schrieb sie in mein erstes Zeugnis.
Am stärksten aus
jener Zeit wirkt folgende Begebenheit bei mir nach: Ich war in dem Alter, in
dem sich Phantasie und Wirklichkeit vermischen. Beim Gedicht „Das Büblein auf
dem Eis“ erzählte ich der beeindruckten Klasse eine Räuberpistole.
Ich hätte
bei der Rettung eines Menschen eine entscheidende Rolle gespielt. Als der Junge
auf der Werra einbrach, hätten wir uns alle aneinander gefasst und auf das Eis
gelegt. Ich, als der leichteste, hatte die Aufgabe, ihn direkt aus dem Loch zu
ziehen.
Noch während des eifrigen Fabulierens schaue ich in ihre
aufmerksamen Augen. Und spüre: Ich habe mich verrannt. Die Phantasie ist mit
mir durchgegangen. Meine Lehrerin hört zu bis zum Schluss. Dann sagt sie:
„Genauso, wie Wolfgang es erzählt hat, muss man es machen. Man kann auch eine
Leiter auf das Eis legen. Aber macht es nie, nie selber. Das ist in eurem Alter
zu gefährlich. Ruft nach Hilfe, so schnell es geht.“
Ich setze mich. Habe mein Gesicht behalten. Puuh...
Diese Geschichte brennt nach. Unfair, dass sie mir erst
vierzig Jahre später wieder eingefallen ist. Meine Volkschullehrerin lebt nicht
mehr.
Ich mag sie heute noch lieber.