Mündener Weinstuben


Mündener Weinstuben



  • Trinkstube im Ratskeller
  • Krug zur Blume
  • Schilling'sche Weinstube
  • Altdeutsche Weinstube
  • Weinstube R. Kunth
  • Weinstube in der Lotzestraße
  • Sydekum
  • Spirituosen, Wein- und Obstweinschänke Louis Winkelmann (LouWi)

Die Erlaubnis zum Weinausschank, der Weinschank, soll Münden von Karl IV. der Stadt im 14. Jahrhundert verliehen sein. Das Recht Wein auszuschenken oblag nur dem Mündener Rat. Dieses Monopol wurde sehr gehütet.


Trinkstube im Ratskeller


Bereits das erste gotische Rathaus besaß einen Ratskeller. 1437 wird der erste bekannte Pächter im Roten Buch der Stadt Münden genannt: "Nota: Hans Storm de seger (Sägemüller?) erhält vom Rat die Erlaubnis im Keller Wein zu verschenken". 1532 trennt man dann wohl vom Weinkeller eine separate Bierstube ab. 
Beim Neubau des Rathauses 1603 wird wieder eine Schenkwirtschaft im Ratskeller eingerichtet. 

Unter der Freitreppe am Rathaus führte wie heute ein Rundbogenportal hinunter in den Ratskeller.  Am Vries ist folgende Inschrift von 1605 im Latein der Renaissance ("infimia latinitas") zu lesen:

"NOLITE INEBRIATI VINO IN QUO BELUINA 
QUAEDAM FERITAS EST/VINUM COR-ROBORAT CORPUS ANIMAM VERO VERBUM DEI"

Frei übersetzt nach Karl Bretthauer: 
"Wollet nicht unmäßig sein im Genuß des Weines. In ihm ist eine gewisse bestialische Wildheit. Der Wein stärkt den Körper, die Seele aber das Wort Gottes."

Der warnende Spruch hatte wohl seine Berechtigung, denn Einträge in den Stadtakten weisen häufige Handgreiflichkeiten und Randale nach.

Die damaligen Kämmereiverpachtungen bezweckten ein Monopol, so des Ratskellers, des Weinauschanks und der Apotheke.
Zunächst durfte Branntwein und Wein nur im Rats- oder Stadtkeller und Wein nur in der Ratsapotheke verkauft werden (J. H: Z. Willigerodt: Geschichte von Münden, 1808, S. 340)



Krug zur Blume

Historisch eines der ältesten und wichtigsten Mündener Wirtshäuser und größter Konkurrent zum Mündener Monopol des Ratskellers.




Gasthaus zur Blume
Alte Ansichtskarte


Gelegen nördlich der alten Werrabrücke "vor dem Unterthore" gab Herzogin Elisabeth 1542 dem damaligen Besitzer Asmus von der Rose die Versicherung, dass außer den Krügen, die schon existierten, kein weiterer außer seinem in der Vorstadt Blume errichtet würden. Vermutlich existierte da also schon der Krug. 
1614/15 kaufte die Stadt von Bastian von der Rose den Krug zur Blume. 1619 verkaufte die Stadt den Krug an Herzog Friedrich Ulrich
Herzog Georg erteilte 1636 die Konzession zum Bier- und Weinausschank sowie zum Herbergsbetrieb. 

Bei der Belagerung der Stadt durch Tilly 1626 wurde der Krug ein Raub der Flammen. 
1636 wurde der ausgebrannte Krug von Herzog Georg einem Hans Horstmann verkauft. 
Danach gehörte der Krug dem Fähnrich Johann Heinrich Schütze und dem Quartiermeister Georg Andreas Horstmann. Die Stadt hatte wohl inzwischen einige Nebenkrüge zugelassen, so dass die Eigentümer des Krugs zur Blume 1685 bei der Kammer in Hannover klagten und Recht bekamen. 
Von der Familie Schütze kam der Krug wohl an die Familie Lauf, dann an die Familie Knierim und vom letzten Knierim an dessen Schwiegersohn Meyer (um 1808).
Um 1900 gehörte der Krug als "Gasthof zur Blume" Heinrich Fromm. 

Während des 2. Weltkrieges befand sich dann im Haus eine Luftfahrtschule, danach die gewerbliche Berufsschule und von April bis August 1954 die neugegründete Volksschule Hermannshagen.

Leider wurde dieses bedeutende historische Jahrhunderte alte Gasthaus gegenüber der Werrabrücke schon vor Jahrzehnten abgerissen, um einen trivialen Parkplatz für Autos zu schaffen. 



Schilling'sche Weinstube von ca. 1867
ehemals Ziegelstraße 3




Werbung Schilling'sche Weinstube am Marktplatz von Carl Schäfer 1897
Quelle: Mündensche Nachrichten, Juli 1897, Stadtarchiv Münden


später Altdeutsche Weinstube am Rathaus




Altdeutsche Weinstube um 1914
Alte Ansichtskarte


Altdeutsche Weinstube nach 1945 mit freigelegtem Fachwerk
Alte Ansichtskarte



Altdeutsche Weinstube 1930
Alte Ansichtskarte

Die Altdeutsche Weinstube warb 1930 mit:
Größtes altbekanntes Weinrestaurant, Hann. Münden, am Rathaus, Besitzer: Bernhard Helbing, Fernsprecher 290.




Altdeutsche Weinstube 1930
Alte Ansichtskarte


Weinstube und Weinhandlung R. Kunth

1910 wird noch erwähnt die Weinstube und Weinhandlung R. Kunth in der Lohstraße 9. Leider wurde das Haus vor einigen Jahren abgerissen, so dass heute nur noch eine Baulücke an der Stelle zu sehen ist, an der die frühere Weinstube gestanden hat. 



Weinstube in der Lotzestraße 


Im 16 Jahrhundert gab es wohl noch in der früheren Hökerstraße, der heutigen Lotzestraße, eine Trinkstube, die noch 1689 an einen Weinschenk Johannes Kegel, wohnhaft im Haus Nr. 570, Lange Straße 65, später 38, verpachtet war. 



Gasthaus Sydekum

1729 von den Pächtern des Ratkellers, Christoph Wedel Wüstenfeld, Johann Dietrich Seedorf und Johann Daniel Köster an der Bremer Schlagt auf dem Bollwerk der Schlagspitze errichtet. Der Namen kommt von "Sieh dek umme!" Der Mündener Magistrat war mit der Errichtung der Weinstube einverstanden, da sie so hofften, eine wohl eingerichtete öffentliche Weinschänke zu erhalten. Die Weinstuben im Stadtkeller waren nämlich so klein, schlecht und feucht, dass sie besser gestellte Personenkreise mieden. 
1789 wurde das Gasthaus verkauft und hieß dann "Londonschenke". Ab 1808 hieß es "Harmonie", benannt nach dem dort gegründeten Klub. Seit 1872 gehört das Haus mit einer Unterbrechung der Freimauerloge "Pythagoras zu den drei Strömen". 

Das alte Sydekum 1830

Sydekum


Spirituosen-, Wein- und Obstweinschänke Louis Winkelmann (LouWi), seit 1853

 

Türschild Spirituosen-, Wein- und Obstweinschenke
Foto: Dankward Heinrich


Auch wenn es keinen Mündener Wein heute mehr gibt, eine Traditions-Weinstube gibt es immer noch: 

In dem Laden und der Gaststätte Winkelmann (bzw. Probierstube)  in der Ziegelstraße wurden anfangs selbst hergestellte Produkte verkauft, z.B. gebrannte Spirituosen, Obstweine, Essig und Limonaden. Die Obstweine sind noch heute noch die Spezialität der Weinstube (aus Unterrieden oder Waldeck). 


Mündener Traditionsweinlokal Louis Winkelmann
Foto: Dankward Heinrich

Zur Geschichte des Hauses:

  • 1853 stellt Destillateur Friedrich Diesenberg Spirituosen her, möglicherweise auch schon Obstweine.
  • 1867 wird „Diesenberg Liqueurfabrik“, im Cataster erwähnt.
  • 1877 heiratet der Schiffer Louis Winkelmann Marie Diesenberg, Tochter des Destillateurs.
  • 1897 erfolgt der Einbau eines Schaufensters in den bereits vorhandenen Laden. In der dahinter gelegenen „Probierstube“ konnten Kunden Getränke verköstigen oder durch eine „Luke“ im Hausflur einkaufen.
  • 1928 erfolgt der Einbau einer Ladentür neben dem Schaufenster.
  • 1936 wird die Haustür zu einer breiteren Einfahrt (Toreinbau) verbreitert.
  • 1950 gestaltet der Mündener Maler und Zeichner Alfred Hesse (1889 -1955), der als Begründer der Mündener Stadtbildpflege gilt, in der Weinstube die Wandmalerei „Mündener Originale“.




Wandmalerei Mündener Originale 
Foto: Dankward Heinrich


Wandmalerei Mündener Originale 
Foto: Dankward Heinrich


Wandmalerei Mündener Originale 
Foto: Dankward Heinrich


Wandmalerei Mündener Originale
(Omi = Otto Mittelacher = Chefredakteur der Mündenschen Nachrichten) 
Mitte sitzend: Gustav Blume
Foto: Dankward Heinrich


Wandmalerei Mündener Originale 
Foto: Dankward Heinrich



Kommt man als Mündener Jung nach Jahren heute (2024) in Münden als Gast zu Besuch und sucht einen gepflegten Wein zu fairen Preisen zu verkosten, so stellt man schnell fest: Wenig ist von der Tradition des ehemaligen Weinbaus, der ehemaligen Weinhäuser und der Weinhändler Mündens  geblieben. 

Der ehemalige Ratsweinkeller beherbergt jetzt ein lokales Brauhaus. Neben Louis Winkelsmanns orgineller historischer Weinstube, in dem neben den Obstweinen sicher auch der fränkische Silvaner eine Chance verdient, fühlt sich vielleicht noch das Jahrzehnte alte Hotel Schlossschänke am alten Welfenschloss am Ehesten dem guten Wein verpflichtet.